Historisches

Die heilige Lanze
Die Heilige Lanze ist ihrem Typus nach eine karolingische Flügellanze, wobei jedoch aus dem Lanzenblatt der Mittelgrat spitzoval ausgestemmt wurde, um an seiner Stelle einen ornamental geschmiedeten Eisenstift oder Dorn einzufügen. Außerdem sind zwei symmetrisch über den Lanzenflügeln angefügte Messerklingen mit Lederriemchen an die Lanze gebunden. Die Bindungen mit Silberdraht dürften von einer späteren, nach einem Bruch des Lanzenblattes erfolgten Reparatur herrühren. Frommes Wunschdenken machte den Mittelstift bald zu einem der Nägel, mit denen Christus ans Kreuz geschlagen worden war. Die Lanze selbst durchlief verschiedene Deutungen und galt sowohl als Lanze Kaiser Konstantins als auch als Speer des Reichsheiligen Mauritius. Im Laufe des 13. Jahrhunderts wurde sie schließlich zur Lanze des Longinus, die Christus die Seitenwunde zugefügt hatte und die mit seinem Herzblut benetzt worden war. Ihr Wert als Reliquie war geradezu sagenhaft und erklärt sich aus dem Bedürfnis, es dem byzantinischen Kaiser, der die wichtigsten Christusreliquien besaß, gleichzutun und sich ebenfalls eines Reliquienschatzes zu versichern, der die göttliche Ableitung des Herrschertums, seine Legitimität sowie seine Unbesiegbarkeit untermauerte. Die Heilige Lanze wurde lange als Symbol der Reichsgewalt betrachtet und war die vornehmste Reichsinsignie, deren Wunderkraft sogar Schlachtensiege zugeschrieben wurden. Ihrem Status als kostbare Passionsreliquie wurde dadurch Rechnung getragen, dass sie ab dem frühen 11. Jahrhundert im Querbalken des Reichskreuzes (Inv.-Nr. SK_WS_XIII_21) verwahrt wurde. Kaiser Karl IV. (reg. 1346-1378), der die Lanze tief verehrte, brachte die Goldmanschette mit der Inschrift "Lanze und Nagel des Herrn" an und setzte beim Papst die Einführung eines Feiertages zu Ehren von Lanze und Nagel durch.
Derzeit ausgestellt: Kaiserliche Schatzkammer Wien Raum 11

Inv. Nr.
Schatzkammer, WS XIII 19

Quelle: KHM AT

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